DACH-Lesung
Die DACH-Lesung bringt mit Melinda Nadj Abonji, Nava Ebrahimi und Olga Grjasnowa drei preisgekrönte Autorinnen der deutschsprachigen Literatur zusammen, die derzeit ihren jeweiligen Lebensmittelpunkt in Deutschland, Österreich oder der Schweiz haben. Gemeinsam ist ihnen, dass es sich dabei nicht um ihre Herkunftsländer handelt und ihre Biografien daher von kulturellen Differenzen geprägt sind. Das wird auch in ihren literarischen Arbeiten deutlich, die sich zwischen verschiedenen Kulturen, zwischen verschiedenen Sprachen, zwischen verschiedenen literarischen Traditionen bewegen. Ihre Texte setzen sich mit Fragen von Identität auseinander und verhandeln die Diskrepanz zwischen dem Eigenen und dem Fremden. Indem sie Heimatverlust, Zugehörigkeit und Mehrsprachigkeit zum Thema machen, reflektieren sie vorherrschende Konzepte nationaler Kulturen und legen deren hegemoniale Verhältnisse offen.
Bei der Veranstaltung lesen die Autorinnen Auszüge aus ihren literarischen Werken und diskutieren gemeinsam mit dem Germanisten Stefan Krammer über thematische Überschneidungen, literarische Verortungen und poetische Zugänge, die es ihnen ermöglichen, mit Sprache in der Gesellschaft teilhaben zu können.
Melinda Nadj Abonji wurde 1968 in Becsej/Vojvodina, dem damaligen Jugoslawien geboren, einem Gebiet mit einer Ungarisch sprechenden Minderheit. Als Kind wohnte sie bei ihrer Großmutter, bis sie mit fünf Jahren ihren Eltern in die Schweiz nachfolgte. Es kam nun das (Schweizer-)Deutsche hinzu, was zu ihrer feinhörigen Sprachwahrnehmung beitrug. Diese spiegelt sich als musikalische Wortkompositionen in ihren Texten wider. Bei der Lektüre überrascht es nicht, dass sie Musikerin (Geige und Gesang), Wortkünstlerin (Spoken Word Artist), Textperformerin und Autorin ist. Sie ist im deutschsprachigen Kulturbetrieb viel beachtet und erhielt zahlreiche Auszeichnungen. Für ihren Roman „Tauben fliegen auf“ wurde ihr 2010 sowohl der Schweizer als auch der Deutsche Buchpreis verliehen. Mit „Im Schaufenster im Frühling“ (2004) und „Schildkrötensoldat“ (2017) hat sie zwei weitere wichtige Romane verfasst.
Nava Ebrahimi wurde 1978 in Teheran, Iran geboren und emigrierte im Alter von drei Jahren mit ihrer Familie nach Deutschland. Sie wuchs in Köln auf und studierte dort Journalismus und Volkswirtschaftslehre. Sie arbeitete mehrere Jahre als Redakteurin in Köln und Hamburg sowie als Nahostreferentin für die deutsche Außenwirtschaftsförderung. Seit 2012 lebt sie mit ihrer Familie in Graz. Für ihren ersten Roman „Sechzehn Wörter“ (2017) wurde sie mit dem Österreichischen Buchpreis in der Kategorie Debüt ausgezeichnet. 2021 gewann sie den Ingeborg-Bachmann-Preis für ihren Text „Der Cousin“. Schreiben ist für die Autorin ein Weg, mit den Widersprüchen, mit den Ambivalenzen und Ambiguitäten des Lebens fertig zu werden. In ihren Texten beschäftigt sie sich insbesondere mit Kriegstraumata, Fluchterfahrung und Migration. Dabei werden zentrale Fragen zu Identität, Herkunft und kulturellen Differenzen literarisch verhandelt. Zuletzt sind von ihr „Das Paradies meines Nachbarn“ (2020) und „Einander: Ein Buch, das Generationen verbindet“ (2021) veröffentlicht worden.
Olga Grjasnowa wurde 1984 in Baku, Aserbaidschan geboren. Sie studierte „Literarisches Schreiben“ am Deutschen Literaturinstitut Leipzig und absolvierte längere Auslandsaufenthalte in Polen, Russland und Israel. Ihre Romane, die sich in die deutschsprachige Gegenwartsliteratur einordnen, sind thematisch vielfältig. In ihrem ersten Sachbuch „Die Macht der Mehrsprachigkeit. Über Herkunft und Vielfalt.“ widmet sich Grjasnowa der gesellschaftlich bereichernden Wirkung von Mehrsprachigkeit und plädiert für ein Ende der Einsprachigkeit im deutschen Bildungssystem. Zu ihren bekanntesten literarischen Arbeiten zählen „Der Russe ist einer, der Birken liebt“ (2012), „Die juristische Unschärfe einer Ehe“ (2014) und „Der verlorene Sohn“ (2022).
Lesung: Dienstag, 16.08.2022, 20.00-22.00 Uhr
Ort:
Universität Wien Hauptgebäude (HG), Audimax
Gratis-Angebot
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