Repertoires und Sprechweisen mehrsprachiger Jugendlicher als Phänomen: Belege, Bewertungen und Potentiale für den Deutschunterricht
Repertoires und Sprechweisen mehrsprachiger Jugendlicher als Phänomen: Belege, Bewertungen und Potentiale für den Deutschunterricht
Die mehrsprachige und in der Ausdrucksweise der Sprecher*innen „coole“ Variante von Jugendsprache in urbanen Räumen, in denen es verstärkt zum Kontakt mehrerer Herkunftssprachen und der Mehrheitssprache kommt, ist ein bekanntes Phänomen und wird in Deutschland meist als Kiezdeutsch bezeichnet, wobei insbesondere diese Bezeichnung und die Einordnung als ‚neue dialektale Variante des Deutschen‘ aus der wissenschaftlichen und öffentlichen Perspektive unterschiedlich bewertet und weiterhin kontrovers diskutiert werden.
Der Vortrag wird zunächst das Phänomen empirisch betrachten und es bezüglich struktureller Merkmale (pragmatisch, lexikalisch, grammatikalisch, prosodisch) umreißen, um anhand von Korpora Türkisch-Deutsch mehrsprachiger Jugendlicher zu differenzieren, inwieweit es sich dabei, im Vergleich zum gesprochenen und geschriebenen Standarddeutschen, um das Ergebnis des Sprachkontakts und der Variationen im Zuge der Nutzung mehrsprachiger Ressourcen handelt.
Eine anschließende Abstrahierung und der Einbezug verschiedener theoretischer Konzeptualisierungen sowie der Blick auf die sozialen Milieus des Kiezdeutschen werden diese Sprechweise nicht nur als einen türkisch-deutschen Sprachschatz kombinierenden Sprechstil identifizieren, sondern das Phänomen ebenso als eine Erscheinung einordnen lassen, die innerhalb einer Gesellschaft auftritt, die trotz ihrer sprachlich sehr unterschiedlichen gesellschaftlichen Realität von einem starken monolingualen Habitus geprägt ist.
Diese Betrachtung der Nutzungsdomänen und der im Makrokontext erkennbaren Wahrnehmung führt letztlich zu der Diskussion darüber, inwieweit es im Verlauf der letzten Jahrzehnte gelungen ist und in Zukunft gelingen kann, den monolingualen Habitus der Institution Schule und der Öffentlichkeit aufzuweichen und Potentiale der lebensweltlichen Mehrsprachigkeit in die Institution und in den Unterricht hineinzutragen.
Plenarvortrag: Dienstag, 16. August 2022, 9 Uhr
Ort: Universität Wien Hauptgebäude (HG), Hörsaal 42 und Online